Donnerstag, 3. Mai 2012

Bericht von der Mahnwache

Die Mahnwache anlässlich des 75. Jahrestages der Bombardierung von Guernica, die wir mitorganisiert hatten, war leider nur recht spärlich besucht. Trotzdem konnten wir zumindest einig Passanten über Vergangenheit und Gegenwart aufklären.


Hier noch das Manuskript der Rede, die bei der Mahnwache gehalten wurde:

 Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
Am 26. April 1937 zerbombten die Flugzeuge der deutschen Legion Condor die baskische Stadt Guernica. Die heilige Stadt der Basken, deren Bewohner im spanischen Bürgerkrieg auf Seite der republikanischen Volksfrontregierung gegen die Armee unter dem faschistischen Putschisten und späteren Diktator Francisco Franco kämpften, wurde bei diesem Angriff fast vollständig zerstört. Dieses erste Flächenbombardement der Geschichte, welches zugleich auch der erste Verstoß Nazi-Deutschlands gegen das Humanitäre Völkerrecht war, kostete hunderten Zivilisten das Leben.
Wie konnte es dazu kommen? Fünf Jahre nach Gründung der Republik gewann 1936 die linke Volksfront die Wahlen in Spanien klar. Zwar begann sie nach ihrem Sieg, das Land nach ihren Vorstellungen umzugestalten, konnte aber gleichzeitig keine Stabilität herstellen. Als noch im gleichen Jahr das faschistische Militär, unterstützt von Klerus und Anhängern der Monarchie, putschte, konnte es zwar im größten Teil des Landes von der Bevölkerung zurückgeschlagen werden, im ausbrechenden Bürgerkrieg hatte es allerdings die besseren Karten. Denn während die Republik nur von der Sowjetunion und Freiwilligen unterstützt wurde, griffen das faschistische Italien und Deutschland aktiv auf Seiten der Nationalisten ins Kriegsgeschehen ein, sodass Franco drei Jahre später in Madrid einmarschieren konnte. Im Bürgerkrieg und während der folgenden Diktatur töteten die Faschisten hunderttausende.

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
aus der Geschichte kann man lernen. … Muss man aber nicht. Viele Menschen haben anscheinend aus der Vergangenheit nichts gelernt und so verwundert es nicht, dass auch heute noch nicht alles zum Besten steht in dieser Welt. Das baskische Volk kann noch immer nicht frei und selbstbestimmt leben: Parteien, die sich für eine größere Unabhängigkeit einsetzten, werden im 2-Jahres-Takt verboten und viele Aktivisten sitzen aufgrund ihres Einsatzes für ein freies Baskenland in Haft.
Auch der Faschismus ist trotz seiner Verbrechen nicht vom Erdboden verschwunden; ganz im Gegenteil. Ich möchte nur erinnern an die NPD, die leider in zu vielen Gemeinderäten und auch in zu vielen Landräten vertreten ist. Und es ist nicht lange her, da wurde publik, dass eine nationalsozialistische Terrorgruppe über Jahre und unbehelligt von der Polizei 10 Menschen ermordet hatte.

Ja, der antifaschistische Kampf ist notwendig wie eh und je. Aber um ihn zu führen, sollten wir unseren Blick schärfen. Unsere Feinde sind nicht irgendwelche Extremisten, ob von linker, rechter oder religiöser Seite, die unsere Demokratie abschaffen wollen. Wer das behauptet, verharmlost den Faschismus. Nazis sind keine Extremisten. Nazis sind Mörder! Sie haben gemordet in Guernica, in Auschwitz und in ganz Europa und sie morden noch heute bei uns in Deutschland.

Der antifaschistische Kampf ist notwendig wie eh und je. Genauer gesagt: Ein konsequenter antifaschistischer Kampf. Ich kann nicht heute als mustergütiger Demokrat zur Wahl antreten und morgen mit einer rechtsradikalen oder rechtspopulistischen Partei koalieren. Ich kann nicht heute auf einer Demonstration glaubhaft ein Zeichen gegen Nazis setzen und morgen rassistische Vorurteile ignorieren und tolerieren. Ich kann niemanden wegen seines angeblichen oder tatsächlichen Antisemitismus kritisieren und gleichzeitig munter islamfeindliche Ängste schüren.
 
Der konsequente antifaschistische Kampf ist notwendig wie eh und je. Dieser Kampf ist mehr als nur eine Reaktion auf die verbrecherischen Taten und die menschenverachtende Propaganda der Rechten. Er ist mehr als nur Erinnerung. Er ist mehr als ein verzweifeltes und einsames ankämpfen gegen den leider oft so rassistischen Mainstream. Er ist mehr als „Nie wieder Krieg!“. Er ist auch ein Kampf für etwas: für Freiheit, für Brüderlichkeit, für die Menschlichkeit.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen