Hier noch das Manuskript der Rede, die bei der Mahnwache gehalten wurde:
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
Am
26. April 1937 zerbombten die Flugzeuge der deutschen Legion Condor die
baskische Stadt Guernica. Die heilige Stadt der Basken, deren Bewohner im spanischen
Bürgerkrieg auf Seite der republikanischen Volksfrontregierung gegen die Armee
unter dem faschistischen Putschisten und späteren Diktator Francisco Franco
kämpften, wurde bei diesem Angriff fast vollständig zerstört. Dieses erste
Flächenbombardement der Geschichte, welches zugleich auch der erste Verstoß
Nazi-Deutschlands gegen das Humanitäre Völkerrecht war, kostete hunderten
Zivilisten das Leben.
Wie konnte es dazu kommen? Fünf
Jahre nach Gründung der Republik gewann 1936 die linke Volksfront die Wahlen in
Spanien klar. Zwar begann sie nach ihrem Sieg, das Land nach ihren
Vorstellungen umzugestalten, konnte aber gleichzeitig keine Stabilität
herstellen. Als noch im gleichen Jahr das faschistische Militär, unterstützt
von Klerus und Anhängern der Monarchie, putschte, konnte es zwar im größten
Teil des Landes von der Bevölkerung zurückgeschlagen werden, im ausbrechenden
Bürgerkrieg hatte es allerdings die besseren Karten. Denn während die Republik
nur von der Sowjetunion und Freiwilligen unterstützt wurde, griffen das
faschistische Italien und Deutschland aktiv auf Seiten der Nationalisten ins
Kriegsgeschehen ein, sodass Franco drei Jahre später in Madrid einmarschieren
konnte. Im Bürgerkrieg und während der folgenden Diktatur töteten die
Faschisten hunderttausende.
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
aus
der Geschichte kann man lernen. … Muss man aber nicht. Viele Menschen haben
anscheinend aus der Vergangenheit nichts gelernt und so verwundert es nicht,
dass auch heute noch nicht alles zum Besten steht in dieser Welt. Das baskische
Volk kann noch immer nicht frei und selbstbestimmt leben: Parteien, die sich
für eine größere Unabhängigkeit einsetzten, werden im 2-Jahres-Takt verboten
und viele Aktivisten sitzen aufgrund ihres Einsatzes für ein freies Baskenland
in Haft.
Auch der Faschismus ist
trotz seiner Verbrechen nicht vom Erdboden verschwunden; ganz im Gegenteil. Ich
möchte nur erinnern an die NPD, die leider in zu vielen Gemeinderäten und auch
in zu vielen Landräten vertreten ist. Und es ist nicht lange her, da wurde
publik, dass eine nationalsozialistische Terrorgruppe über Jahre und
unbehelligt von der Polizei 10 Menschen ermordet hatte.
Ja, der antifaschistische
Kampf ist notwendig wie eh und je. Aber um ihn zu führen, sollten wir unseren
Blick schärfen. Unsere Feinde sind nicht irgendwelche Extremisten, ob von
linker, rechter oder religiöser Seite, die unsere Demokratie abschaffen wollen.
Wer das behauptet, verharmlost den Faschismus. Nazis sind keine Extremisten.
Nazis sind Mörder! Sie haben gemordet in Guernica, in Auschwitz und in ganz
Europa und sie morden noch heute bei uns in Deutschland.
Der antifaschistische Kampf
ist notwendig wie eh und je. Genauer gesagt: Ein konsequenter
antifaschistischer Kampf. Ich kann nicht heute als mustergütiger Demokrat zur
Wahl antreten und morgen mit einer rechtsradikalen oder rechtspopulistischen
Partei koalieren. Ich kann nicht heute auf einer Demonstration glaubhaft ein
Zeichen gegen Nazis setzen und morgen rassistische Vorurteile ignorieren und
tolerieren. Ich kann niemanden wegen seines angeblichen oder tatsächlichen
Antisemitismus kritisieren und gleichzeitig munter islamfeindliche Ängste
schüren.
Der konsequente
antifaschistische Kampf ist notwendig wie eh und je. Dieser Kampf ist mehr als
nur eine Reaktion auf die verbrecherischen Taten und die menschenverachtende
Propaganda der Rechten. Er ist mehr als nur Erinnerung. Er ist mehr als ein
verzweifeltes und einsames ankämpfen gegen den leider oft so rassistischen
Mainstream. Er ist mehr als „Nie wieder Krieg!“. Er ist auch ein Kampf für
etwas: für Freiheit, für Brüderlichkeit, für die Menschlichkeit.
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